Auf dieser Wanderung erkundeten wir Ostfriesland und das Ammerland. Vom Start in Leer ging es über den „Ems-Hunte-Weg“ in östlicher Richtung nach Bad Zwischenahn. Von dort dann über den „Jadeweg“ über Dangast nach Wilhelmshaven. Da die Campingplätze oft nicht direkt an den Wanderwegen liegen, sind wir an den Übernachtungsorten oft einige Kilometer von den genannten Fernwanderwegen abgewichen. Die beschriebene Route haben wir in 8 Tagen absolviert. Übernachtungen im Zelt, Gepäcktransport im Pilgerwagen waren – wie bei uns üblich – gesetzt.

Neben dem Wandern und der Erkundung einiger Städte hatten wir diesmal mehrere Seen sowie das Meer als Bademöglichkeit vorgesehen. Dies erwies sich als gute Idee, denn der August zeigte sich von seiner heißen Seite. Welche Eindrücke wir sammelten, zeigt der folgende Bericht. Er besteht aus zwei Teilen:

  • Teil 1: Wir beginnen mit Informationen zur Region und zu den Menschen, zu Übernachtungsmöglichkeiten und zur Eignung des Weges für Wanderanhänger. Wie üblich, endet dieser Teil mit einem Fazit.
  • Teil 2: Es folgt unser „Wandertagebuch“, das wir tourbegleitend in sozialen Netzwerken veröffentlichten.

Die Tour in Zahlen und Fakten

Tage: 8 | Personen: 2 | Distanz: 180 km | Höhenmeter: 330 m Anstieg, 290 m Abstieg | Pilgerwagen-Gewicht: 25 – 30 kg | Übernachtungen: Zelt

* Im Internet fanden wir unterschiedlichste Angaben zu den Höhenmetern, unsere Werte weichen deutlich davon ab. Wir ermitteln diese mit einem GPS-Gerät mit barometrischem Höhenmesser. Ohne den Anspruch zu erheben, dass unsere Werte zutreffender sind, veröffentlichen wir diese, damit unsere Touren miteinander vergleichbar sind.

Die Regionen

Wer Gipfel, Fernsichten und dichte Wälder oder große Prachtbauten als Highlights braucht, wird eher enttäuscht abreisen. Wer aber den Blick für Feinheiten hat, wer Abwechslung als Highlight sieht, der wird die Region genießen!

Landschaftlich erlebt man ab dem Start in Leer zunächst Fluss- und andere Wasserläufe, eingebettet in eine weite Wiesenlandschaft. Im Ammerland geht es dann „buschiger“ und „waldiger“ zu. Auffällig viele Flächen werden zum Anbau von Zierpflanzen oder für Baumschulen genutzt. Richtung Jadebusen durchquert man ein großes Moorgebiet, bevor dann ab Dangast Deiche, typisches Deichhinterland und Salzwiesen prägend werden. Entlang des Jadebusens bis Wilhelmshaven sieht man dann – je nach Tidenstand – das Meer, sofern man auf den Deich geht und nicht dahinter bleibt.

Hinsichtlich der Orte sind Leer, Bad Zwischenahn, Dangast und Wilhelmshaven hervorzuheben: Leer begeisterte uns mit einer tollen Altstadt und maritimen Flair. Bad Zwischenahn überzeugte mit dem gleichnamigen See, den dortigen Segel- und Fischerboothäfen, Kurpark mit Freilichtmuseum. Dangast ist ein typischer, quirliger Nordsee-Tourismus-Ort. Wilhelmshaven hat seine Highlight etwas außerhalb der Innenstadt und bietet rund um den „Südstrand“ tolle Möglichkeiten zur entspannten Freizeitgestaltung.

Kuliniarisch steht häufig Fisch im Mittelpunkt, es gibt aber auch große Fleischkarten. Vegetarische oder vegane Alternativen, sind oft nur in überschaubarer Zahl und mit überschaubarer Fantasie der Küche auf den Karten zu finden. Das Preisniveau in Restaurants fanden wir – im Vergleich mit anderen deutschen Regionen – recht hoch, sowohl für Speisen als auch für Getränke.

Die Menschen

Wer immer noch an die Klischees vom sturen, wortkargen Norddeutschen glaubt, wird in der Region eine Überraschung erleben: Die Menschen begegneten uns ausgesprochen offen, freundlich, kommunikativ und humorvoll. Ein echtes Erlebnis ist es, Einheimischen beim Gespräch zu lauschen, sofern diese nicht zu sehr ins Plattdeutsche verfallen. Oft verlaufen die Gespräche in bedächtiger Sprechgeschwindigkeit. Man nimmt sich auch inhaltlich Zeit für einige humorvolle Wendungen und Schleifen, bei denen man als Lauschender erst einmal erkennen muss, dass sie bewusst eingebaut werden und nicht selten das Gegenteil meinen, von dem was gesagt wird. Beim Wandern zu zweit haben wir die witzigsten miterlebten Gespräche im Dialog nachgesprochen und manchmal Tränen gelacht.

Wenn du uns nach der tollsten Sehenswürdigkeit der Region fragst, antworten wir: „Die Menschen!“. Dies gilt selbstverständlich auch für die Inhaber und Mitarbeiter von Campingplätzen, Gasthöfen, Cafés, Bäckereien und Supermärkten, die wir durchweg als freundlich und hilfsbereit erlebten.

Übernachtungen

Sofern man Abstecher von wenigen Kilometern von den genannten Fernwanderwegen in Kauf nimmt, findet man fast täglich einen Campingplatz. Lediglich am ersten Tag haben wir nicht auf einem „echten“ Campingplatz übernachtet, sondern auf einer Deichwiese an der Jümme bei einem Gasthof, der dies auch offiziell anbietet. Hier galt die Regelung „kostenlose Übernachtung, wenn man im Gasthof speist“. Wir haben dort nicht nur sehr gut gegessen, sondern – als einzige Campinggäste – auch besonders ruhig zelten können.

Die meisten Plätze hatten eine kleine bis mittlere Größe und eine mittlere bis gehobene Ausstattung mit sauberen Sanitäranlagen. Die Preise empfanden wir als günstig bis fair. Auf den Campings gibt es überwiegend Dauercamper und Camper, die mit Wohnwagen oder Wohnmobil touristisch reisen. Die wenigen anderen Zeltreisenden waren nicht wandernd, sondern mit Fahrrad oder Motorrad unterwegs. Mehrere Campingplätze lagen unmittelbar an Badeseen, die uns an den heißen Augusttagen eine sehr willkommene Abkühlung boten.

Wie immer haben wir unsere Campingplätze vorab reserviert, wir hätten mit unserem Trekkingzelt aber auch ohne Reservierung stets noch einen Platz bekommen. Achtung: Wir waren außerhalb der Schulferien unterwegs, im Zweifel sorgt eine Reservierung für Sicherheit. Wer Wildcamping bevorzugt, sollte sich an den Scherz erinnern, dass man in flachen Gegenden schon morgens sehen kann, wer abends zu Besuch kommt: Die Möglichkeiten, sein Zelt im Verborgenen aufzubauen, sind begrenzt.

Eignung für eine Wanderung mit Pilgerwagen

Die gesamte Region, insbesondere die genannten Fernwanderwege, ist hervorragend für eine Wanderung mit Pilgerwagen geeignet. Es sind keine nennenswerten Höhenmeter zu überwinden, die „steilsten Berge“ sind die Deiche. Fast alle unsere Kilometer sammelten wir auf gut begehbaren, breiten Forst-, Feld- und Schotterwegen, oft auch auf Asphalt. Für einige kürzere Abschnitte waren wir auf Wiesenpfaden unterwegs.

An einigen Stellen – nicht nur am Jadebusen, sondern auch entlang von Flüssen wie der Jümme – kann man auf der Deichkrone wandern. Hier sind dann Weidezäune zu übersteigen und der Wanderanhänger darüber zu heben. Es gibt aber jeweils Weg-Alternativen unterhalb der Deichkrone. Insgesamt war die Tour somit sehr einfach mit Pilgerwagen zu gehen, sie eignet sich perfekt für Anhänger-Anfänger.

Fazit

Unsere Wanderung durch Ostfriesland und das Ammerland überzeugte vor allem durch Abwechslung, viele Bademöglichkeiten und die sehr gute Infrastruktur. Für uns machten insbesondere die folgenden Punkte diese Tour zu einem besonderen Erlebnis:

  • Die Wegbeschaffenheit: Auch wenn wir manchmal technisch und körperlich fordernde Wege mögen, waren wir diesmal dankbar für die ausgesprochen unkompliziert und anstrengungsarm zu begehenden Wege.
  • Die Landschaft: Die Landschaft verändert sich auf dieser Tour immer wieder deutlich: Mal weite, von Flüßen und anderen Wasserläufen durchzogene Wiesen. Mal waldige Regionen. Moorlandschaft. Viele Seen. Und am Ende natürlich das Meer am Jadebusen. Diese Abwechslung war für uns das Tour-Highlight.
  • Die Städte und Orte: Leer, Bad Zwischenahn, Dangast und Wilhelmshaven als größte Highlights. Dazwischen viele Dörfer und auch freistehende alte Höfe mit dem Charme norddeutscher Architektur.
  • Die Sehenswürdigkeiten: Leer mit der tollen Altstadt, dem Museumshafen und Schloss Evenburg. Bad Zwischenahn mit seinem Meer und dem Freilichtmuseum. Dangast als quirliger Nordsee-Tourismus-Ort. Wilhelmshaven mit den vielen Freizeitmöglichkeiten am Südstrand. Das Meer am Jadebusen. Allesamt gut Beispiele für die zahlreichen Sehenswürdigkeiten.
  • Die Kulinarik: Wir haben in allen Restaurants gut bis sehr gut gegessen. Man spürt, dass das Meer in der Nähe ist, meistens gibt es eine Auswahl an frischen Fischgerichten.
  • Die Menschen: Die aufgeschlossene Art und der spezielle Humor der Einheimischen krönten diese Tour.
  • Die Infrastruktur: Zahlreiche Möglichkeiten zu Einkehr und Einkauf (Bäckereien, Supermärkte usw.) machten die Reise unkompliziert, komfortabel und genussvoll. Gleiches gilt für das Angebot an guten Campingplätzen.

TEIL 2: WANDERTAGEBUCH


Tag 1 – Anreise, Stadtbummel Leer, weiter nach Wiltshausen (21 km)

Déjà-vu oder hatten wir das nicht erst im Juni? 3 Uhr aufstehen⏰🥱 5 km zum Bahnhof wandern🚶‍♀️🚶 Zugfahrt🚂. 9:15 Uhr Ankunft in Leer: Aus dem Alltag in die Tour „gebeamt“ : Unsere Körper sind angekommen, der Geist noch nicht😵‍

Im letzten Jahr endete unsere Augusttour in Leer im strömenden Regen. Heute, bei besserem Wetter, ist es noch schöner☀️: Lebendige Fußgängerzone. Alte, gemütliche Gassen. Schöne Kirchen, ein Orgelkonzert, das Rathaus und die alte Waage. Hafenpromenade. Historische Schiffe. Und natürlich besuchen wir Drehorte der Krimiserie „Friesland“: Schauen bei „Bestattungen Habedank“ vorbei. In der Apotheke von Hobby-Forensikerin Insa Scherzinger (eigentlich ein Imbiss) gönnen wir uns einen Snack🍟

Wir verlassen die Altstadt. Bestaunen die Seeschleuse und das Sperrwerk der Leda, folgen dem Fluss ein Stück. Wir besichtigen das wunderschöne Wasserschloss Evenburg mit dem tollen Schlosspark🏰 Wir folgen der Leda bis zum Abzweig der Jümme. Hier überquert die älteste handbetriebene Wagenfähre Europs die Jümme. Im danebenliegenden Gasthof werden wir superfreundlich empfangen, essen friesisch zu Abend. Und dürfen – direkt hinter dem Jümme-Deich – unser Zelt aufschlagen. „Was für ein schöner Start in den Urlaub!“, lächelt mich die Pilgerwagennomadin an. Ich lächle erschöpft zurück und antworte „zzz“😴

Tag 2 – Von Wiltshausen nach Detern (13 km)

Der Brenner eines Heißluftballons, der über unseren Köpfen schwebt, liftet auch uns aus unseren Träumen. Wir sind dankbar, nicht durch abgeworfenen Ballast geweckt zu werden😉

Der Jümme und ihrem Deich folgend, sammeln wir Wanderkilometer. Das offene Land spendet keinen Schatten, bei strahlender Sonne pausieren wir zweimal dankbar in Schutzhütten. An der Burg Stichhausen diskutieren wir, ob runde Grundrisse Wehrtürmen statische Vorteile bieten oder ihnen nur zu einem phallischen Erscheinungsbild verhelfen sollen😉 Fazit: Keine Ahnung, aber offensichtlich macht uns die Hitze zu schaffen😁

Angesichts der hohen Temperaturen sind wir froh, heute nur einen kurzen Wandertag geplant zu haben. Schon mittags erreichen wir unseren Zielcamping. Und gleichen erstmal das gestrige Kuchendefizit aus🍰

Da der Campingplatz direkt an einen Badesee liegt, verbringen wir weite Teile des Nachmittags in der Horizontalen: Im ständigen Wechsel mal schwimmend im See, mal schlummernd auf der Wiese😊

Heute hat die Hitze mehr geschlaucht als das Wandern. Nach friesischer Einkehr setzen wir das horizontale Schlummerprogramm im Zelt fort🥱

Tag 3 – Von Detern nach Apen/ Nordloh (21 km)

Auch heute folgen wir zunächst der Jümme und genießen tolle Aussichten: Mal über den Fluss, mal über das weite Land. Fressende Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde und Gänse inspirieren uns: Nach 3,5 km kehren wir ein zu einem Kuchenfrühstück🍰 Dabei bestaunen wir eine enorme Menge an Gartenpflanzen, die eine liebevolle Hand vor dem benachbarten Supermarkt arrangiert hat🪴🌻

Wir wechseln den Wasserlauf und folgen nun dem Südgeorgsfehnkanal. An einem liebevoll gepflegten Radler-Rastplatz fühlen auch wir uns willkommen. Die Ladestation für E-Bikes lädt unsere Smartphones. Wir stärken uns mit Brot und frischer Paprika, lecker🙂

Wenig später sind wir irritiert: Ein Schild verrät, dass wir am Nordpol sind🫣 Haben wir uns so arg verlaufen? Die Temperaturen sprechen dagegen😉 Zur Beruhigung gibt es im nächsten Ort Pflaumenkuchen🥧

Weiter geht es parallel zum Nordloh-Kanal. Ohne Schatten, raubt die stechende Sonne Meter um Meter unsere Kraft. Endlich am Ziel, entschädigt uns ein fantastischer Zeltplatz direkt am See. Ein ausgiebiges Bad in diesem bringt die Körpertemperatur auf normale Werte🏊‍♂️ Ohne Restaurant in der Nähe, fragt die Pilgerwagennomadin „Gaskocher oder Lieferservice?“. Ebenso erschöpft wie entschlossen greife ich zum Smartphone😁

Tag 4 – Von Apen/ Nordloh nach Westerstede (24 km)

Noch aus dem Zelt genießen wir den morgendlichen Blick auf den See. Eine Ente watschelt vorbei und schaut uns, ob unserer Faulheit, vorwurfsvoll an. Wenig später folgen wir ihrem Vorbild und watscheln los.

In Apen gönnen wir uns ein Kuchenfrühstück🍰 Wir sind so gierig, dass wir das obligatorische Kuchenfoto „etwas“ verspätet knipsen😁 Nach Kuchen- folgt Kulturgenuss, wir besichtigen die St. Nikolaj Kirche. Die von außen wuchtige Kirche ist innen überraschend klein. Wir vermuten Geheimgänge in den Mauern🙃

In Apen beginnt das Ammerland. Hier gibt es erheblich mehr Bäume, die uns Schatten spenden. Dennoch macht uns die Hitze zu schaffen, alle 2-3 KM pausieren wir und versuchen, uns etwas abzukühlen🫠🥵

Erste Hilfe bietet ein Supermarkt in Westerstede. Weniger wegen der alkoholfreien Radler, die wir betont langsam kaufen. Viel mehr durch die Klimaanlage😉 Westerstede empfängt uns mit üppigem Blütenschmuck. Gern wären wir gebummelt, aber die Hitze hat uns geschafft. Immerhin besichtigen wir noch die ebenso schöne wie kühle Kirche, während der Organist eine Kostprobe seines Könnens gibt. Vielen Dank😇

Kaum steht das Zelt, kaum sind wir geduscht, zieht es uns doch noch einmal nach Westerstede. Kaum sind wir dort, erreicht uns erst eine Unwetterwarnung, dann das Unwetter. Dieses sitzen wir bei bestem indischen Essen aus. Den Genuss trübt die Sorge, ob das Zelt noch steht und innen trocken bleibt. Der Regen lässt nach, hört aber nicht auf. Wir laufen zurück, kommen patschnass am Zelt an. Überall haben sich Seen gebildet. Doch im Zelt ist es relativ trocken. Zunächst fallen zwei Steine von Herzen, dann zwei erschöpfte Menschen in den Schlaf🥱

Tag 5 – Von Westerstede nach Bad Zwischenahn (21 km)

Kleidung von gestriger Wäsche nass, Kleidung vom nächtlichen Unwetterspaziergang nass, Zelt und Isomatten nass. Heute dauert unsere Morgenroutine „geringfügig“ länger😉 Unsere Zeltnachbarn spendieren einen Trost-Kaffee. Vielen Dank🥰

Der Weg überrascht uns kurz nach dem Start mit riesigen Rhododendren mit knorrigen Stämmen. „Fast wie im Dschungel!“, merke ich an. „Hinter dir! Indiana Jones!“, antwortet die Pilgerwagennomadin. Mühsam unterdrücke ich den Impuls mich umzudrehen😉

Über uns kreist ein großes Militärflugzeug. Auf jeder Runde springen einige Fallschirmspringer ab und landen im Zwischenahner Meer. Ein beeindruckendes Schauspiel, aber tauschen möchte ich nicht🫣 Erst recht nicht, weil wir nur Minuten später den alten Fischereihafen erreichen. Dort gibt es ein uriges Café… und Kuchen🍰

Wir erreichen Bad Zwischenahn. Besichtigen die alte Kirche vorsichtig, weil ein Schild vor angriffslustigen Uhus warnt. Auf dem Platz daneben begrüßen uns Musik und johlende Menschen. Ich winke bescheiden in die Menge, murmel Sätze wie „Ist doch nicht nötig…“. Bis die Pilgerwagennomadin mich aufklärt, dass Festwoche ist und die Leute auf den ersten Stargast warten: Jannik Freestyle. Ich kannte den vorher nicht, johle aber mit🙂 Nur Minuten später entdeckt die Pilgerwagennomadin eine erschöpfte Brieftaube und kümmert sich. Ich liebe diese Frau und ihr großes Herz😘

Wir erkunden den Ort, insbesondere den Kurpark und das Freilichtmuseum. Etwas außerhalb schlagen wir unser Zelt auf, dann zieht es uns zurück ans Wasser. Auf einer Terrasse mit „Meerblick“ lassen wir den Tag ausklingen🙂

Tag 6 – Von Bad Zwischenahn nach Zetel (31 km)

Heute gehen wir ausnahmsweise getrennte Wege🫢 Nach zwei unruhigen Nächten mit wenig Schlaf und einem heute besonders zwickenden Fersensporn braucht die Pilgerwagennomadin einen kurzen Wandertag. Sie nimmt den Bus nach Westerstede, bummelt dort entspannt durch die Innenstadt. Weiter geht es mit Bus und zu Fuß zum nächsten Camping.

Auch um die Trennung kurz zu halten, nutze ich die Gelegenheit und lege längere Abschnitte im Joggingtempo zurück. Zunächst geht es auf waldigen Pfaden zum Nordufer des Sees. In Dreibergen werfe ich, hinter einer alten Burg, zunächst einen sehnsüchtigen letzten Blick auf das Zwischenahner Meer. Dann einen ebenso sehnsüchtigen Blick auf die Auslagen eines Bäckers🤩🍰 Zum Glück werde ich bedient, obwohl mich eine offenstehende Tür zunächst auf die falsche Seite der Verkaufstheke geführt hat😂

Die Landschaft ändert sich, meisten geht es über Schotter- oder Sandwege vorbei an Feldern und Wiesen. Immer wieder passiere ich schöne alte Höfe. Dann führt mich ein Waldpfad durch ein Moorgebiet. Eine sehr entspannte Stimmung ergreift mich und ich halte nach einer Stelle für ein Mittagsschläfchen ausschau. Ich finde eine lauschige Stelle unter einem alten Schild und sehe mich schon einschlummern. Dann lese ich, dass just an dieser Stelle eine 2.000 Jahre alte Moorleiche gefunden wurde🤔 Meine Müdigkeit ist verflogen, ich laufe weiter😉

Am Ziel erwartet mich ein Campingplatz der Extraklasse: Freundlicher Empfang, ein großer, ruhiger Stellplatz, jede Menge Service-Details für Wanderer. Ein kleiner Laden mit Vertrauenskasse und eiskaltem Bier. Ein Badesee mit Sandstrand. Und die Pilgerwagennomadin 😍 Erschöpft vom Tag, genieße ich einen Abend mit allen genannten Annehmlichkeiten🥰

Tag 7 – Von Zetel nach Dangast (27 km)

Drei Minuten bevor wir gepackt haben, regnet es kräftig für 3 Minuten. Wir decken alles ab, dennoch ist ein Teil der Ausrüstung durchnässt, leider auch das Innenzelt. Von Innen🫣. Pech, dass der Regen nicht drei Minuten später kam? Glück, dass er nur drei Minuten gedauert hat? Wir entscheiden uns für die Glücksperspektive🍀

Bei milden Temperaturen kommen wir flotter voran. Dafür fängt es wieder an zu regnen, diesmal länger als drei Minuten. Uns attackiert ein Mückenschwarm, wir kassieren Stiche. In Zetel ist es Zeit für eine Kuchenpause🍰 Korrelation oder Kausalität? Wir essen die Teller leer, es hört auf zu regnen🙂

Der weitere Weg erfordert ständiges Umkleiden: Mal mit, mal ohne Regenschutz. Zwischendurch erheitert uns eine gallopierende Kuhherde🤩

Kurz vor Dangast erklimmen wir den Deich und erblicken endlich: Das Meer🤩 Also Schlick, denn es ist Ebbe😉 Wir beginnen das Dangaster Pflichtprogramm: Alter Hafen, Rhabarberkuchen im Kurhaus. Leider ist es schon spät, wir müssen am Camping einchecken. Schnell steht das Zelt, wir bauen es im „Hoffentlich trocknet es nach-Setup“ auf.

Während das Zelt – hoffentlich – trocknet, setzen wir die Dangast-Erkundung fort. Auf eine Dusche verzichten wir um Zeit zu sparen. Aufs Umziehen verzichten wir aus Mangel an Textilien, die trocken UND sauber sind. Nach einem Ortsbummel kehren wir ein. Restaurant mit Meerblick, erste Reihe. Auf unser „Einen Tisch für Zwei, bitte“ folgt das „Sehr gerne!“ erst nach kurzem Zögern.

Wir spazieren und erleben einen romantischen Sonnenuntergang. Das Meer ist zurück, damit sich die Sonne für uns darin spiegeln kann🥰🌞 Wir entdecken eine alte Kneipe, strecken die Köpfe rein. Der Wirt fragt „Moin! Wollt ihr lieber im Weg stehen oder euch für ein Bier setzen?“. Wir versacken🍻😃

Tag 8 – Von Dangast nach Wilhelmshaven (21 km)

Wir bummeln noch einige gemeinsame Meter durch Dangast. Dann trennen sich leider unsere Wege, die Pilgerwagennomadin muss noch einmal mit dem Bus abkürzen.

Ich wähle das Joggingtempo und umrunde gemächlich den Jadebusen (wollte ich schon immer mal so formulieren😉). Meist hinter dem Deich, verfolgt nur von Blicken von Radlern und Schafen.

Schautafeln und Skulpturen erläutern Geschichte und Bedeutung des Deichbaus in der Theorie. Deichschafe und Arbeiter mit schweren Maschinen verdeutlichen die Praxis. Immer wieder erklimme ich den Deich, schaue aufs Meer und die davorliegenden Salzwiesen🤩

Wenige Km weiter übt die Besatzung eines ADAC-Hubschraubers das Abseilen von Ausrüstung. Ich habe Glück und kann die anschließende Landung und einen erneuten Start aus nächster Nähe anschauen und erfühlen.

Ich passiere den Banter See und erreiche den Südstrand von Wilhelmshaven. Der Deich geht, ohne Strand, direkt ins Meer über. Dennoch sind zahlreiche Schwimmer im Wasser. Es herscht eine entspannte Atmosphäre. Am Fliegerdeich kann ich nicht mehr widerstehen und lege mich zu den Sonnenbadenden. Wenig später treffe ich dort wieder auf die Pilgerwagennomadin 🥰 Die Sonne brennt, ich gönne mir schwimmend Abkühlung😇

Unser Deichvergnügen kostet leider Zeit, die uns für die geplante Besichtigung von Wilhelmshaven fehlt. Der Weg zum Bahnhof führt uns aber immerhin über die schöne Kaiser-Wilhelm-Brücke und den Bontekai.

Es wird Zeit für unsere Heimfahrt. Keine 20 Meter vom Gleis entfernt singt ein Shanty Chor Lieder über das Meer, die Seefahrt, über Abschied und Heimkehr. Mit diesen Melodien im Kopf rollen wir mit dem Zug gen Heimat.