Auf dem Hünenweg mit Pilgerwagen und Zelt in drei Tagen 150 km von Meppen nach Osnabrück. Im Lauftempo statt im Wanderschritt. Dies war mein neues Microadventure, nur drei Tage nach Ende unserer Wanderung auf dem Wendlandrundweg. Wer in Deutschland zu Fuß unterwegs ist, wählt meistens Touren mit Höhenmetern. Der Hünenweg zeigt: Unser flacher Norden bietet ebenfalls reizvolle Routen. Ich lade dich ein, meinen Lauf in diesem Bericht nachzuerleben. Du lernst dabei den Hünenweg kennen und erfährst, wie ich mit Pilgerwagen und Zelt zurecht kam. Los geht’s!

Die Tour in Zahlen und Fakten

Tage: 3 | Personen: 1 | Distanz: 153 km | Höhenmeter: 1.284 m Anstieg, 1.234 m Abstieg | Pilgerwagen-Gewicht: 23 – 27 kg | Übernachtungen: Zelt

Der Weg und die Menschen

Ich lief den Hünenweg von Meppen nach Osnabrück. Meine Tour führte mich durch das Emsland und durch das Osnabrücker Land. Der Hünenweg überrascht durch ständig wechselnde Eindrücke: Flussniederungen, Heide, Moor, Felder, Wiesen und Wälder. Kleine Seen, Mittellandkanal, Dörfer, Städtchen und die lebhafte Fußgängerzone der Friedensstadt Osnabrück als Ziel. Zu Beginn meines Laufs hatte mich eine Einheimische gewarnt, dass die Emsländer recht stur seien. Das kann ich nicht bestätigen. Ich wurde immer wieder freundlich interessiert angesprochen, die Menschen zeigten sich hilfsbereit.

Achtung! Wenn du Routen, Karten und GPS-Tracks zum Hünenweg recherchierst, wirst du widersprüchliche Informationen finden. Den Hünenweg gibt es seit Jahren, lange verband er auf 210 km die Städte Osnabrück und Papenburg. 2017 wurde die Wegeplanung erneuert. Heute verbindet er auf 150 km Osnabrück und Meppen. Diese Route ist gut ausgeschildert, eine Verlängerung von Meppen bis Groningen in den Niederlanden ist geplant.

Tag 1: Von Meppen zum Stift Börstel (48 km)

Nach unkomplizierter Bahnanreise füllte ich auf einem Friedhof am Meppener Bahnhof meine Wasservorräte. Da mir eine freundliche Friedhofsgärtnerin den Sanitärraum öffnete, zapfte ich Leitungswasser statt Grundwasser. Noch vor Beginn des Laufs erste Trail-Magie durch einen Trail-Engel: Ich startete begeistert in mein Abenteuer.

Schnell verließ ich das Zentrum Meppens und erreichte den Fluss Hase. Diesem folgte ich über viele Kilometer. Erwartet hatte ich befestigte Flussradwege, der Hünenweg zweigt auf diesem Abschnitt aber oft auf spannende Wald- und Wiesen-Trails ab. Die Kilometer vergingen wie im Flug. Mein erstes Highlight: Der Haselünner Wachholderhain. Dieser dient seit dem Mittelalter als Weide und beherbergt heute Hochlandrinder, Tarpan-Pferde und Schafe. Ich konnte Schafscherern bei der Arbeit zusehen, augenscheinlich fand ich dies entspannender als die Tiere. Diese wirkten nach der Prozedur ebenso nackt wie erleichtert. Nun glitt mein Blick über die faszinierende Landschaft: Umgeben von kieferlastigen Mischwäldern dominieren Wacholder und Besenheide. Die Freiflächen sind von Flutrinnen durchzogen, in denen Wasserpflanzen gedeihen.

Vor Herzlake ging es kilometerlang durch Wiesenpfade entlang der Hase. Hier stand das Gras hoch, mit Pilgerwagen ein kräftezehrender Abschnitt. Als Belohnung gönnte ich mir in Herzlake eine längere Pause am Fluss, stärkte mich mit Eis und alkoholfreiem Radler. Ich folgte der Hase auf gut laufbaren Pfaden, nahm dann Abschied vom Fluss. Erneut kämpfte ich mich über Pfade mit hoch stehendem Gras bis zum Hahnenmoor, meinem nächsten Highlight: Moorige Gewässer, aus denen Baumreste ragen. Umgeben von Wollgras, leider noch vor der Blüte. Zeitgleich verdunkelte sich der Himmel, Donner grollten in der Ferne. Landschaft und Wetter erzeugten gemeinsam eine surreale Stimmung. Diese genoss ich, achtete aber auf mein Lauftempo. Ungern hätte ich erlebt, wie ein schweres Gewitter auf dieser Freifläche über mich hinwegzieht. So war ich froh, das Moor gegen ein Waldgebiet tauschen zu können, wenig später und noch weitgehend trocken mein Tagesziel, das Stift Börstel, zu erreichen.

Tag 2: Vom Stift Börstel nach Ueffeln (61 km)

Mein Tag begann mit einer ungewöhnlichen Begegnung im Börsteler Wald. Wildschweine am Wegesrand waren ähnlich verschlafen wie ich und ergriffen spät die Flucht. Ein ebenso seltenes wie schönes Erlebnis, das ich bei einem Bäcker in Berge durch ein Kuchen-Frühstück krönte.

Die folgenden 30 km bis Ankum waren beeindruckend und fordernd. Oft über schmale, kurvige Pfade, führte der Weg durch mystisch wirkende Wälder. Über Wurzeltrails und tiefgrüne Moosteppiche, vorbei an blühenden Pflanzen und verborgenen Seen. Ich passierte Monolithen, alte Kultstätten und Großsteingräber, die dem „Hünenweg“ den Namen geben. Die Gegend ist gespickt mit Siedlungsspuren, die bis in die Bronzesteinzeit zurückreichen. Diese heidnischen Stätten wurden zu christlichen Zeiten verteufelt, wovon heute Namen wie Hexentreppe, Hexentanzplatz und Teufelsstein zeugen. Mich wundert nicht, dass sich bis heute gruselige Sagen halten. So soll dort nachts der „Holenkerl“ Wanderern auf den Rücken springen und sie zu Tode reiten. Die Waldgebiete sind profiliert, ich sammelte einige Höhenmeter. Der durch ergiebigen Regen aufgeweichte Boden bremste mich zusätzlich. Stundenlang sah ich keinen Menschen. Als die Sonne dann den Regen vertrieb und ich das Städtchen Ankum erreichte, war dies wie eine Rückkehr aus einer vergessenen Zauberwelt. Bei größeren Kuchen-Mengen erholte ich mich von den ersten 40 Tageskilometer.

Kurz hinter Ankum kehrte erst das hügelige Gelände, dann der Wald zurück. Wenig später der Regen. Mit 50 km in den Beinen war ich froh, einen heftigen Schauer in einer Schutzhütte aussitzen zu können. Mein Tagesziel Ueffeln erreichte ich durchnässt, verschlammt und von den Anstrengungen des Tages gezeichnet. Dem Inhaber eines Restaurants sei gedankt, dass er mich nicht nur einließ, sondern mir auch Portionsgrößen servierte, die den Tagesbelastungen gerecht wurden.

Tag 3: Von Ueffeln nach Osnabrück (43 km)

Kurz hinter Ueffeln fand ich einen schönen Frühstücksplatz auf einem Hügel mit Aussicht in ein kleines Tal. Hügel? Tal? Ja, auch das hat Norddeutschland zu bieten. Wenig später gönnte ich mir bei strahlendem Sonnenschein eine Pause auf dem Wochenmarkt in Bramsche, genoss ein fast südländisches Flair. Noch in Bramsche begrüßte ich die Hase wie eine alte Bekannte und ließ mich von ihr ein Stück begleiten. Sie übergab mich an ihren größeren Bruder: Dem Mittellandkanal. Für wenige Kilometer konnte ich mich mit Binnenschiffen messen, zog aber sowohl hinsichtlich Reisetempo als auch Stauraum den Kürzeren.

Es folgte ein stärker profilierter Abschnitt. Insbesondere der kerzengerade Anstieg zum Sendemast „Osnabrück-Engter“ forderte mich mental. Als ich wenig später die Autobahn erreichte, parallel zur A1 einen steilen Abstieg meistern musste, war ich auch körperlich erschöpft. Unten angekommen, unterquerte ich die A1 und stieg die zuvor vernichteten Höhenmeter ebenso steil und verkehrslärmbegleitet wieder hinauf. Kurzzeitig hatte ich mit meiner Motivation zu kämpfen, bis mir der Anblick der schönen Wallfahrtskirche in Rulle neue Kraft schenkte. Ich legte eine Pause auf dem zugehörigen Friedhof ein, füllte meine Wasservorräte und Energiespeicher. Wenig später gönnte ich mir eine weitere Pause in einem Biergarten am Flüsschen Nette, gegenüber einer alten Wassermühle.

Die neu gewonnene Energie konnte ich gut gebrauchen. Denn die nächsten Kilometer boten die Pilgerwagen-Variante eines „flowigen“ Trails: Entlang der Nette, umgeben von schöner Natur, ging es ständig leicht bergauf und bergab. Selbst mit Pilgerwagen und erschöpftem Körper purer Laufgenuss. Weiter der Nette folgend, näherte ich mich Osnabrück. Durch Wohngebiete und Stadtparks erreichte ich die Fußgängerzone. Diese wirkte lebhaft und sympathisch, mir fehlte aber die Energie für einen Bummel. Mich zog es zum Bahnhof und nach Hause. Auf der Zugfahrt blitzten die vielen schönen Eindrücke der letzten Tage auf und ich war sicher: Ich komme zurück!

Übernachtungen

Der Hünenweg führt zwar durch Städtchen wie Haselünne oder Bramsche, aber überwiegend durch die Natur und kleine Dörfer. Willst du in Pensionen, Hotels oder Ferienwohnungen übernachten, solltest du diese vorab reservieren. Campingplätze in unmittelbarer Nähe des Hünenweges gibt es nur wenige. Bist du mit Zelt unterwegs, wirst du in der ein oder anderen Nacht improvisieren müssen. Auf meiner Tour wählte ich folgende Übernachtungsorte:

  1. Stift Börstel: Das Stift Börstel ist ein 400 Jahre altes, ehemaliges Zisterzienserinnenkloster. Heute wird es als freiweltliches Stift geführt. Zum Stift gehört ein Gästehaus, hier kannst du ein Zimmer oder eine Ferienwohnung mieten. Auf Anfrage bot man mir gegen einen geringen Obulus einen Zeltplatz an. Die Nutzung von Toilette, Dusche und einer Küche war inklusive. Zwischen den alten Gebäuden und in Nachbarschaft einer Schafsherde zu zelten, war ein tolles Erlebnis.
  2. Ueffeln: Meine zweite Nacht verbrachte ich in Ueffeln. Hier hätte ich zwar eine Pension oder eine Ferienwohnung finden können, aber ich zelte lieber. Schnell fand ich einen Anwohner, der mir erlaubte, auf seinem Grundstück am Ortsrand zu zelten. Dabei auf Toilette und Dusche zu verzichten, bin ich durch meine Touren gewohnt.

Eignung für einen Lauf oder eine Wanderung mit Pilgerwagen

Auf dem ersten und dem letzten Viertel des Hünenwegs sind nur wenige Höhenmeter zu überwinden. Dazwischen ist das Gelände profilierter. Der Weg führt zu 20 % über Asphalt, ansonsten locken mal mehr, mal weniger befestigte Wege. Der Anteil von schmalen Wald- und Wiesenpfaden ist hoch. Auf den Wiesenpfaden stand hohes Gras, der Untergrund war uneben. Die Wald-Trails waren teilweise wurzeldurchsetzt. Da es mehrfach stark regnete, war der Boden abschnittsweise matschig. Einige Holztreppen musste ich überwinden, was keine größere Herausforderung darstellte.

Meine Beschreibung klingt nach einem schönen, naturnahen Wandererlebnis? Das war es! Die Wegeplaner meinen es gut mit Wanderern: Immer wieder verlässt man kurzzeitig einen gut befestigten Weg, läuft einige hundert Meter über schmale Trails. Wieder auf dem befestigten Weg angekommen, ist der zuvor gewählte Abzweig oft nur wenige dutzend Meter entfernt. Man kann diese Schleifen abkürzen, aber wer will das schon? Letztlich gilt: Auf dem Hünenweg kannst du perfekt mit Pilgerwagen wandern, mit Pilgerwagen zu laufen funktioniert nicht immer. Mir machte die Tour großen Spaß. Manchmal nervte es mich aber, nur flott gehen zu können, obwohl ich lieber laufen wollte.

Fazit

Ich kann den Hünenweg uneingeschränkt empfehlen. Er ist naturnah und bietet großes Wandervergnügen. Meine Highlights waren die Trails an der Hase, der Haselünner Wacholderhain, das Hahnenmoor, Stift Börstel, die ausgedehnten Waldgebiete zwischen Berge und Ankum, Bramsche mit seinem Wochenmarkt und den sich anschließenden Abschnitten an Hase und Mittellandkanal, die Wege entlang der Nette. Das Angebot an Einkaufs- und Übernachtungsmöglichkeiten ist gut. Sicher gibt es in stärker touristisch geprägten Gegenden mehr Einkehrmöglichkeiten, ich habe aber nichts vermisst.

Bei meinem zweiten mehrtägigen Lauf hat sich der Pilgerwagen erneut bewährt. Im Vergleich zu Läufen ohne Anhänger reduziert er zwar das Tempo, macht einige eigentlich laufbare Strecken zu Wanderabschnitten. Dafür bereichern die Herausforderungen, die mit der Führung des Wanderanhängers verbunden sind, das Lauferlebnis in vielfacher Hinsicht. Dass erst der Anhänger die Mitnahme von zusätzlicher Campingausrüstung und Verpflegung ermöglicht, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Wichtige Erkenntnis für mich: Ich werde künftig die Laufbarkeit der Strecken intensiver recherchieren und meine Erwartungshaltung daran ausrichten. Diesmal hatte ich zeitweise den Zwiespalt, dass ich mich einerseits an der trailigen, naturnahen Streckenführung erfreute, aber gleichzeitig genervt war, diese „nur“ im flotten Wandertempo gehen zu können. Ich werde auch künftig mit Pilgerwagen auf Wanderwegen laufen. Wenn mir aber ein hoher Laufanteil wichtig ist, werde ich die Touren auf Radwegen planen.